Siegel der Bruderschaft
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Saturn Magie

Grundlagen des magischen Angangs der Fraternitas Saturni

von Mstr. Thot

1.

Traditionelle Wege magischer Befassung bewegen sich innerhalb eines metaphysischen Kontextes, in dem nicht nur Relationen zur Gottheit oder den Göttern, die natürlich auch dämonischen Charakter haben können, definiert, sondern auch geheime Gesetze postuliert werden, mittels derer der Eingeweihte dann für Andere unmögliche Dinge vollbringt. Um dieses Thema nicht überflüssigerweise auszuweiten, stellen wir fest, dass keine der so genanten magischen Traditionen und Richtungen, ohne metaphysisches Konzept auskommt.

Im magischen Angang der Fraternitas Saturni hingegen werden jenseitige Spekulationen abgelehnt, wobei der Begriff "Jenseits" gegenüber dem üblichen Sprachgebrauch weiter verschärft, genauer eigentlich präzisiert, wird. Unter "Jenseits" verstehen wir "jenseits der Reichweite", was dann einerseits eine sehr persönliche Angelegenheit, andererseits eine handhabbare Größe ist. Es macht keinen Sinn nach etwas greifen zu wollen, was außerhalb der Reichweite ist. Wohl aber mag es im Einzelfall möglich sein etwas in Reichweite zu bringen, sei es indem man die Position wechselt oder die Reichweite vergrößert. Klar ist, dass eine Fülle von Dingen, mit denen der Mensch sich üblicherweise befasst und seine begrenzten Kapazitäten bindet, eigentlich außerhalb der Reichweite liegen. Hierzu gehört beispielsweise Vergangenes oder die gedankliche Vorwegnahme der Zukunft. Beobachtung zeigt, dass ein großer Teil des Inhalts des inneren Monologs, lediglich jenseitiges kommentiert.

Es ist offensichtlich, dass allein schon dieser Schritt, sich auf die eigene Reichweite zu beschränken, tatsächlich keine Einschränkung, sondern bereits eine erhebliche Erweiterung der eigenen Kapazität bedeutet. Man kann ohnehin nur das tun, was man eben tun kann. Das aber dann auch zu tun - darauf wird üblicherweise verzichtet.

Die Fraternitas Saturni definiert Magie als "unmögliche Dinge tun". Dabei bedeutet "unmöglich" nicht "nach gängiger Auffassung unmöglich" oder "nach Stand des Wissens über die Naturgesetze unmöglich" sondern eben unmöglich. Es gibt dann kein geheimes Gesetz nach dem etwas doch möglich gemacht werden könnte und keinen Gott, dessen geheimer Name dazu verhülfe. "Unmöglich" bedeutet somit: "nicht kausal verfugt". Der zauberische Akt ist damit nicht Teil des Wechselgefüges der Welt, sondern geradezu ein Angriff auf ihre Ordnung und Geschlossenheit. Er ist immer das Regelwidrige, der Verstoß, das was das Gefüge der Wirklichkeit in Gefahr bringt. Es ist nicht zuletzt eine Ahnung dieses Sachverhalts, die dazu führt, dass Zauberei vom Menschen zutiefst gefürchtet und abgelehnt wird. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass jene, die sich aufmachen das Thema der Zauberei zu begehen, zuallererst mit ihrem eigenen Schrecken, ihrer eigenen Reaktion auf das Fremde, unbegreifliche, zu tun bekommen. In Analogie zu biologischen Prozessen, kann man von einer Immunreaktion sprechen.

Warum sollte man sich also überhaupt mit etwas so abstrusen wie Magie befassen? Die Antwort darauf liefert eine Analyse der Situation des Menschen. Diese hat in einiger Gründlichkeit Buddha bereits vor 2500 Jahren geliefert. Seine Aussage "Geburt ist Leiden, Krankheit ist Leiden, von Liebem getrennt oder mit Unliebem vereinigt zu sein ist Leiden, Alter ist Leiden, Tod ist Leiden." Wenn man tatsächlich für das Leben ist, dann kann man mit seiner grundsätzlichen Leidhaftigkeit, Fremdbestimmtheit und all dem was uns gegen unseren Willen angetan wird, nicht einverstanden sein. Es liegt aber in der Natur des Menschen, diese Dinge als vorgegeben anzunehmen. "Mach´s beste daraus. Das ist eben so. Daran kann man nichts ändern." Anpassung ist eben gefragt. So wie Evolution beschrieben wird als "Survival of the fittest", sieht sich der Mensch gerne als Spitze der Evolution, eben als "the fittest". Nun heißt "fittest" aber keineswegs "der Stärkste" oder "der Beste" wie so oft kolportiert wird, sondern der Bestangepasste. Es ist klar, dass eine solche Spezies jeden fundamentalen Angriff auf die Wirklichkeit so wie sie vorgefunden wird, bestenfalls als geistige Störung abtun wird.

Genau dies ist aber unser Ausgangspunkt. Wenn es um Leben, präziser noch um Überleben (im doppelten Sinne) gehen soll, dann kann man mit Ohnmacht und Fremdbestimmung nicht einverstanden sein und muss eine Wirklichkeit, die ständig, auch gegen unseren Willen, auf uns einwirkt, ablehnen. Diese Position ist nicht neu, sondern uralte gnostische Tradition, der es eben nicht darum geht, sternengleich einer vorgeschriebenen Bahn zu folgen. Non serviam! Ich diene nicht! Keinem Herrn, keinem Meister und nicht der Welt!

Nichtakzeptanz ist daher die Basis unseres Angangs zur Zauberei und es ist die Nichtakzeptanz, die über alles weitere entscheidet. Natürlich ist zunächst überhaupt nichts damit gewonnen zu sagen, ich bin dagegen, dass ich krank werden kann, dass ich altere, dass ich essen, trinken, schlafen und atmen muss und was der Zwänge mehr sind, die die Wirklichkeit uns beschert, und die ja gewöhnlich noch nicht einmal mehr als solche empfunden und erlebt werden.

Im Gegenteil! Sofern Nichtakzeptanz mehr als eine vorgehaltene Pose ist, hat man nun eine Menge Probleme. Dafür aber habe ich auch die Frontlinie definiert, weiß wer der Gegner ist und bin in der Lage den Streit aufzunehmen, so aussichtslos und unsinnig er auch scheinen mag. Zauberei, so wie sie in der Fraternitas Saturni verstanden wird, ist somit der Angriff auf die Wirklichkeit.

Damit hat sich für den Saturnmagier auch die Frage nach Thelema, dem wahren Willen geklärt, der in nichts anderem bestehen kann, als eben diesen Streit gegen Ohnmacht und Fremdbestimmung zu führen. Mehr ist darüber dann auch schon nicht mehr zu sagen.

2.

"Ohne ein heiliges Buch, das sie zusammenschart wie die Heilige Schrift Israel, ohne ein gemeinsames Gedächtnis, ohne jenes andere Gedächtnis, das eine Sprache darstellt, zerstreut über das Angesicht der Erde, verschieden in Hautfarbe und Körperbildung, einigt sie nur eins - das Geheimnis - und wird sie bis ans Ende der Tage einigen."
Jorges Luis Borges, Die Phönixsekte

Heute wird der Sinn einer magischen Loge oft in Zweifel gezogen. Während man früher dort Mitglied wurde, weil man Geheimnisse vermutete, geht man jetzt vielfach davon aus, dass die wesentlichen Informationen verfügbar seien oder bei Bedarf schon irgendwie zuflössen. Es wird daher keine Veranlassung mehr gesehen, eine solche Verpflichtung einzugehen und sich mit anderen so eng zu verbinden, wie dies in einer Loge zumindest angestrebt wird. Man kritisiert Regeln und Strukturen und man verweist zu Recht auf das historisch dokumentierte Scheitern derartiger Bemühungen.

Wäre Scheitern ein ausreichender Grund für Verzicht, fänden wir heute nicht einmal mehr Spuren menschlichen Strebens nach Befreiung. Diese verdanken wir vielmehr denjenigen, die ihren Kurs unbeeindruckt von jeder Aussicht auf Erfolg oder Misserfolg verfolgten und sich nicht mit dem zufrieden gaben, was die Welt ihnen als bereits existierend vorgab. In der Fraternitas Saturni wird die magische Loge selbst als etwas angesehen, was es gegen die Beschränkungen der Welt durchzusetzen gilt. Schon Gregor A. Gregorius, Gründer und langjähriger Großmeister der Fraternitas Saturni, sah in der Schaffung und Kristallisation der Loge einen fortwährenden magischen Akt, der mit dem Weg der Saturnmagie, wie ihn die Loge praktiziert, untrennbar verbunden ist. Es wird zwar gelegentlich gesagt, es gäbe zwei Träume, die die Fraternitas Saturni gegen die Wirklichkeit durchsetzt: Den der Zauberei und den der magischen Bruderschaft. Tatsächlich besteht aber kein Unterschied. Dies gilt auch unter dem Gesichtspunkt des magischen Angangs. Unter anderem folgt hieraus offensichtlich, dass es für die Fraternitas Saturni Dinge wie Fernlehrgänge, Lehrbücher und Gradvergaben mit der Post nicht geben kann, denn es geht nicht um Information, nicht um Übungen, nicht um Wohlverhalten oder darum, dass man ganz fest will.

Natürlich steht dies in Widerspruch zu all denjenigen, die glauben, um Magier zu werden, bedürfte es nur der richtigen Information und der richtigen Übungen, vielleicht noch einiger Initiationen, die man sich irgendwo abholt oder selbst erteilt. Abgesehen davon, dass sich solche Auffassung bei ein wenig gründlicher Betrachtung schnell als Illusion erweisen würde, machte man sich nur die Mühe, sie anzustellen, entspricht dies nicht den historischen Erfahrungen. Historisch wurde Zauberei immer in Familien oder familienähnlichen Strukturen gelehrt. Häufig finden wir den Meister und seine Schüler in einer Wohn- und Lebensgemeinschaft. Ob sie nun umherzogen wie der Nazarener, oder an einem festen Ort lebten. Im Grunde galt immer: Vor der Zauberei kommt die Verbindung. Natürlich gab es zu jeder Zeit Menschen, die versuchten und hofften, billiger daran zu kommen.

Es wäre nichts dagegen einzuwenden, wenn es tatsächlich mal jemand allein und außerhalb einer Lehrer-Schüler-Gruppe schaffte. Doch dazu finden sich keine Anzeichen. Ohnehin sucht der Mensch die Gemeinschaft, und so finden wir diejenigen, die Logenstrukturen eigentlich ablehnen, doch häufig in losen Verbänden und Arbeitsgruppen. Nicht selten arbeitet man dann dort mit Material, das aus Logen stammt - ja man adaptiert gelegentlich sogar Logenrituale oder versucht, Kontakt mit dem Egregor einer Loge aufzunehmen. Diese Form von Cargo-Kult oder Mimikry finden wir leider allzu häufig auch bei denjenigen, die sich selbst als magische Loge ausgeben und wahrscheinlich sogar dafür halten. Macht dann auch schon nichts mehr - die meisten schreiben eh nur ab und verfügen nicht über eine Quelle lebendigen Wissens.

Wie wenig allgemein verstanden wird - geschweige denn begriffen - worum es in einer Loge geht, zeigt sich dann auch in solch rührenden Versuchen zur "Gotos-Belebung", wie sie bei König (In Nomine Demiurgi Nosferati) in einiger Ausführlichkeit dokumentiert werden. Das es nicht nur Unsinn ist, sondern auch nicht besonders förderlich sein kann, sich an einen fremden Egregor heran zu machen - schon gar in dem Versuch, ihn "anzuzapfen" - sollte eigentlich klar sein. Das Resultat kann man dann ja auch beobachten. Eigentlich überflüssig zu bemerken, dass solche Herangehensweise nur eines verrät: Man hat vom Wesen eines Egregors keine Ahnung!

Schon Gregorius pflegte zu sagen: "Die Loge hat kein Geheimnis. Sie ist das Geheimnis". Dies fasst in knapper Form zusammen, worin der grundsätzliche Irrtum besteht: Es geht nicht um Information oder überhaupt Dinge, die man haben oder besitzen kann. Um am Geheimnis Teil zu haben, ist es erforderlich, Teil davon zu sein. Ist man dies nicht, gibt es auch nichts, was man erklären könnte.

Und so sind auch die "Erklärungen", die aus der Fraternitas Saturni selbst zu diesem Thema kommen, zwangsläufig dürftig und Ausdruck von Sprachlosigkeit. Da war dann gelegentlich von Kraftfeld die Rede, in das man sich integriert und in dem man wächst: Das Kraftfeld als Gebärmutter der neuen Lebensform, für die der Mensch nur Rohmaterial ist?

Bilder und Gleichnisse!

Die Loge als ein Wesen. Der Egregor die Loge? Ein Wesen und trotzdem jeder gleichzeitig Individuum?

Bescheidene Versuche einer Beschreibung!

3.

Ein Merkmal der gegenwärtigen Kultur weltweit, ist die überragende Bedeutung, die dem Bewusstsein zugeschrieben wird. Eng verwoben mit dem Kult um "Ich" und "Individualität", den wir besonders ausgeprägt in der westlichen Welt - aber eben nicht nur dort - finden, erwächst daraus eine spezifische Weise, wie der Mensch sich selbst und seinen Umgang mit der Welt organisiert und dabei durch die Jahrhunderte jene Zivilisation der Teilung und Trennung hervorgebracht hat, die wir heute als einzige nur kennen und uns vorstellen können. In der Postmoderne angekommen, wird es allerdings immer schwerer, die Augen vor den Auswüchsen dieser Lebensweise zu verschließen und während im Stau stehend 180 PS vor sich hin dümpeln, mag den einen oder anderen die bange Ahnung beschleichen, dass unsere heutigen Probleme mal gerade der Anfang sind. Aus Sicht der Saturnmagie, ist der Weg in die Feuer und Rad Zivilisation verknüpft mit der zunehmenden Dominanz und Überbewertung von Bewusstsein und Individuum oder - umfassender ausgedrückt, Produkt einer grundsätzlich solaren Ausrichtung, die das Ich zum Zentralgestirn der Welt erhebt. Die Teilung "hier ich - dort Welt" bis in endlose Verästelungen des Zählwerks fortsetzend, kann das dunkle Licht Saturns nur noch als drohende Vernichtung erscheinen.

Der Mensch kann sich eben nur das vorstellen, was er kennt und so gibt es für ihn nichts, was über das Bewusstsein hinaus geht.

Im Bewusstsein erscheinen Gedanken, Gefühle, Vorstellungen, Sinneseindrücke - also Wahrnehmungen - weshalb Bewusstsein in der heutigen Bewusstseinsforschung auch "als Repräsentationssystem der Wahrnehmung" bezeichnet wird. Es ist bildlich gesprochen so etwas wie der Bildschirm, ein Spiegel oder die Leinwand auf der bunte, bewegte und schillernde Bilder erscheinen. So wie der Projektionsschirm die Bilder nur sichtbar macht und nicht erzeugt, erscheint im Bewusstsein nur, was bereits auf komplexe Weise strukturiert und verarbeitet wurde. Auf diesen Prozess der Verarbeitung hat der Mensch wenig und wo überhaupt nur indirekten Einfluss. Er registriert nicht einmal, dass er überhaupt stattfindet und weiß schon gar nicht, was im Detail abläuft.

Die Verarbeitungszeit beträgt einige Millisekunden. Mithin ist alles, was im Bewusstsein erscheint, bereits Vergangenheit und hat mit dem "Hier und Jetzt", mit Präsenz oder mit Zugriff nichts zu tun. Der Mensch umgeht dieses Problem durch komplexe Strategien derart gründlich, dass er im allgemeinen nicht einmal mehr weiß, dass hier überhaupt ein Problem besteht. An dieser Stelle aber hat der Verzicht auf Zugriff und Wirksamkeit längst stattgefunden. Während der Mensch sich mit dem Ersatz begnügt, ist der Saturnmagier dazu nicht bereit.

Es ist offensichtlich, dass das Bewusstsein ebenso wenig Macht ausüben kann, wie ein Spiegel die Objekte, die er spiegelt zu beeinflussen vermag. Er mag sie verzerrt darstellen, doch die Objekte selbst bleiben davon unberührt. Die so häufig vertretene Idee, in der Magie ginge es darum, besondere Bewusstseinszustände zu erreichen, aus denen heraus man dann Wirkung erzielen könne, erweist sich schon bei geringer nüchterner Betrachtung als nicht haltbar. Sofern veränderte Bewusstseinszustände überhaupt auftreten, haben sie mit Wirkung nichts zu tun. Wahrnehmung verändert nicht die Welt, sondern eben nur die Art, wie wir sie "für wahr nehmen" und auf sie reagieren.

Das größte Rätsel der Bewusstseinsforschung wird heute darin gesehen, dass alle Vorgänge auch ohne Bewusstsein möglich sind. Selbst die komplexesten Abläufe können erledigt werden, ohne dass sich das Individuum dessen bewusst ist. Bewusstsein ist also nicht erforderlich. Daraus zu schließen, dass Bewusstsein abzuschaffen sei, wäre allerdings ebenso gefehlt wie es in den Mittelpunkt magischer Bemühungen zu stellen oder zu glauben, Bewusstsein habe etwas mit Kontrolle zu tun.

Sigmund Freud und Carl Gustav Jung haben wir es zu verdanken, dass Bewusstsein heute automatisch im Doppelpack mit dem Unbewussten auftritt und ebenso wenig für sich allein gedacht werden kann, wie es Yin ohne Yang gibt. Dieses Modell hat sich inzwischen so festgesetzt, dass es, Allgemeingut der westlichen Kultur, ständig in aller Munde ist. Auch aus der Magie und der Esoterik ist dieses Konzept nicht mehr wegzudenken. Ob es nun um "die Macht des Unbewussten" geht, das dann irgendwie dazu gebracht werden soll, den Job zu erledigen und Wirkungen zu vollbringen, oder um Bewusstwerdung, Bewusstmachung, und Individuation, wie Jung es nannte, es wird immer wieder in Anspruch genommen. Wo Licht ist, ist eben auch Schatten.

Das Licht des Bewusstseins bedingt die Schatten des Unbewussten und umgekehrt. Und die Schatten werden dann ans Licht gezerrt und beleuchtet. Was will man von einer Kreatur, die das Licht verherrlicht, zum Lichte strebt und alles liebt was strahlt und glänzt, anderes erwarten? Scheint wohl doch alles Gold zu sein, was glänzt.

Es sind dies Merkmale dessen, was man treffend als "solare Ausrichtung" bezeichnen kann. In der Tat findet sich dort alles, was man astrologisch der Sonne zuordnet. Dinge wie: Ich, Selbst, Licht, Schein, Glanz, Wärme, Bewusstsein, Opfer, Selbstverzehr, Selbstverwirklichung, sind solare Attribute und finden sich in nahezu allen klassisch magischen Systemen, die so ihren solaren Charakter kundtun. Auch C.G. Jung weist in seinen Schriften zur Religion und Alchemie auf diese Zusammenhänge und die zentrale Rolle der Sonne als Symbol für das Göttliche und das Selbst hin.

Da die konventionelle Magie sich von ihrer Verbindung zur Religion nie gelöst hat, ist ihre solare Ausrichtung nicht weiter verwunderlich. Spätestens seit Amenophis dem IV, der Aton, die Sonnenscheibe zur alleinigen Gottheit erklärte und damit die monotheistische Religion in Ägypten zu begründen suchte, gilt die strahlende Sonne als ein Symbol für das Göttliche. Es ist zu vermuten, dass dieser Zusammenhang noch viel älter ist.

Obgleich Amenophis scheiterte, trat der solar geprägte Monotheismus, zunächst über die jüdische, im ägyptischen Exil entscheidend geprägte Religion, dann über ihre christlichen Ableger, seinen Siegeszug um die Welt an und wurde bestimmendes Element unserer Kultur, unseres Denkens und unseres Handeln. Die solaren Grundprinzipien sind heute derart integral in alles verwoben, dass sie selbstverständlich sind und kaum noch wahrgenommen werden. Selbst dort, wo man sich wieder alten Göttern zuwendet, bleiben sie weitgehend unangetastet, weil unbemerkt.

Saturnmagie, wie sie in der Fraternitas Saturni heute immer klarer kristallisiert wird, stellt sich dazu nicht in Gegensatz, sondern hat damit nichts zu tun. Sie ist die Abkehr von den solaren Prinzipien, die ja doch nichts anderes als Fortsetzung des Weltenbrandes bedeuten. Aus saturnmagischer Sicht können wir auf psychologische Konzepte wie Bewusstsein und Unbewusstes gut verzichten und uns statt dessen einem effizienteren Angang zuwenden. Es gehört somit zu den ersten Aufgaben des Saturnmagiers, die solaren Prägungen zu bearbeiten und "saturnisch zu werden". Der Gradus Solis (12°) ist daher kein "Sonnengrad", sondern der Grad in dem die solaren Einflüsse überwunden werden und die Weihe zum Saturnpriester erfolgt.

Das dunkle "Licht" Saturns ist kein Teil der Welt und somit auch kein Gegenpol zum Licht. Es ist auch nicht Dunkelheit oder Finsternis, die ja nur Punkte auf einer Beleuchtungsskala darstellen, mithin innerhalb der Dualität verbleiben. Wo Licht ist, ist Schatten, ist Dualität, ist Teilung, ist Verbrennung, ist Weltenbrand, ist Vernichtung, ist Ohnmacht - herrscht Endlichkeit. Nichts für Saturnmagier also.

In der Saturnmagie geht es um das Ende der Endlichkeit durch den Weg des dunklen Lichts. Schon Gregor A. Gregorius bezeichnete Saturnmagie als "Yoga des dunklen Lichts". Es ist bezeichnend für die menschliche Verfassung, dass selbst hier wieder die Verbrennungsmetapher "Licht" geprägt wurde, obgleich das dunkle Licht nichts mit herkömmlichem Licht, Verbrennung und Weltenbrand zu tun hat, sondern allenfalls sein Ende darstellt. Da wir dies wissen, bleiben wir bei dem traditionellen Bild des "dunklen Lichts", obgleich treffendere Begriffe möglich wären.

Im Gegensatz zu den solaren Wegen ist Saturnmagie nüchtern, unscheinbar, öde und ohne Glanz. Wie der Saturnmagier, der sich nicht wie ein Zentralgestirn in dem Mittelpunkt stellt, braucht sie weder Bühne noch Beifall, noch die Anerkennung der Welt. Saturnisch eben.

Heißt es nicht von Saturn, dass er im Verborgenen wirkt und dass ihn nur Schweigen und nichts als Schweigen auszudrücken vermag?

"Grundlagen des Magischen Angangs der Fraternitas Saturni" von Mstr. THOT: Archiv der Großloge, in drei Teilen, 1994 - 2000.

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